Freitag, 24. Juli 2009

PORSCHE-ÜBERNAHME Neue VW-Struktur soll bis Mitte August stehen

Jetzt geht alles ganz schnell: Einen Tag nach dem Ende des Machtkampfs zwischen Porsche und VW beginnen nun die Gespräche zur Bildung des integrierten Autokonzerns. In wenigen Wochen schon soll das Grundgerüst stehen.

Stuttgart - Die Gespräche für einen neuen Volkswagen-Megakonzern kommen ins Rollen: Bis zur VW-Aufsichtsratssitzung am 13. August sollen erste Weichen für den neuen Autogiganten gestellt sein, berichtet die Nachrichtenagentur AP ohne Angaben von Quellen. Details über den genauen Fahrplan seien allerdings noch nicht bekannt. VW- und Porsche-Wappen: Neuer Streit ums VW-Gesetz
Nach Einschätzung des Automobilexperten Ferdinand Dudenhöffer ist die Übernahme von Porsche für VW allerdings noch nicht in trockenen Tüchern. Als größeres Hindernis könnten sich die 87.500 Porsche-Vorzugsaktien erweisen, die zu mehr als 50 Prozent im Besitz von institutionellen Anlegern wie Aktienfonds, Banken und Versicherungen seien. Die Vorzugsaktionäre würden bei der Übernahme von Porsche durch VW benachteiligt, sagte der Experte. Der Grund: Durch das gleichnamige Gesetz sei VW ein künstlich geschützter Konzern, bei dem die Ertragsfähigkeit und Profitabilität für die Aktionäre nicht an erster Stelle stünden. "Damit ergeben sich klare Nachteile, die beim Erwerb der Porsche-Vorzugsaktien den Aktionären nicht bekannt waren und die ausschließlich durch die Übernahme von VW zustande kommen", warnte Dudenhöffer.
Volkswagen hatte den Machtkampf am Donnerstag gewonnen: Porsche soll nun zehnte Marke bei den Wolfsburgern werden. Der neue Autogigant soll durch die schrittweise Beteiligung von VW an der Porsche AG und die abschließende Verschmelzung der Porsche Holding mit der Volkswagen AG entstehen. Der neue Konzern soll bis Mitte 2011 stehen. Unterdessen ist erneut eine Debatte um das VW-Gesetz entbrannt: Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger, in dessen Bundesland Porsche seinen Sitz hat, bezeichnete das Gesetz in einem Interview mit dem "Deutschlandfunk" als "falsch". Er beklagte die Begünstigung von Niedersachsen als Großaktionär von VW. Sein Parteikollege aus dem Europaparlament, Klaus-Heiner Lehne forderte die EU-Kommission auf, rasch Klage gegen das Gesetz einzureichen. Unterstützung kam von den Liberalen: FDP-Vize Rainer Brüderle plädierte für eine Abschaffung des Gesetzes.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) dagegen mahnte bei Bundeskanzlerin Angela Merkel als CDU-Vorsitzende an, sie möge diese Diskussion in ihrer Partei schnell beenden. "Die CDU schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland, wenn sie Zweifel am VW-Gesetz streut", warnte sie. "Die Bundeskanzlerin muss diese Diskussion schleunigst beenden." Die Kritik an dem Gesetz sei unberechtigt. Es stehe im Einklang mit dem Europarecht. Offenbar sehe die EU-Kommission das ähnlich, sonst wäre sie gegen das Gesetz bereits weiter vorgegangen. Auch der Volkswagen-Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh und die Linkspartei forderten, das VW-Gesetz müsse bei der geplanten Verschmelzung von Porsche und VW erhalten bleiben. Das VW-Gesetz sichert dem staatlichen VW-Großaktionär Niedersachen seit 1960 besonderes Gewicht bei Volkswagen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte das Gesetz aber 2007 für unvereinbar mit EU-Recht erklärt, da es den freien Kapitalverkehr einschränke und eine feindliche Übernahme unmöglich mache. Die Bundesregierung überarbeitete daraufhin 2008 das Gesetz, behielt aber die 20-prozentige Sperrminorität Niedersachsens bei. Die EU-Kommission leitete daher ein Verfahren gegen das neue VW-Gesetz ein. Zu einer neuerlichen Klage kam es bisher aber nicht, das Verfahren liegt auf Eis.
Grund dafür ist EU-Vertretern zufolge, dass Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso neuen Streit mit Merkel vermeiden will, solange seine zweite Amtszeit nicht gesichert ist. Als Großaktionär und in seiner Sonderrolle durch das VW-Gesetz hatte Niedersachen massiv in dem Übernahmepoker zwischen Volkswagen und Porsche eingegriffen. "Ohne das VW-Gesetz wäre dieser Streit anders ausgegangen," beklagte der CDU-Politiker Lehne. Die Kommission solle dagegen rasch klagen. "Es gibt keinen Grund, ein Unternehmen auf diese Weise zu privilegieren", sagte er der "Berliner Zeitung".