Freitag, 24. Juli 2009

A/H1N1-Neuerkrankungen Schweinegrippe als Souvenir

Die Verbreitungswelle der Schweinegrippe ebbt nicht ab. Täglich kommen bis zu 600 neue Fälle hinzu, auch, weil viele Urlauber das Virus im Gepäck haben. 50 Millionen Impfdosen sollen die Lage entschärfen

Das Robert-Koch-Institut (RKI) rechnet wegen des Urlaubsreiseverkehrs mit einer deutlichen Zunahme der Schweinegrippe-Fälle in Deutschland. RKI-Präsident Jörg Hacker erwartet täglich 400 bis 600 Neuerkrankungen. In den vergangenen drei Tagen sei die Zahl bundesweit um mehr als 1000 auf insgesamt 2844 Fälle gestiegen, sagte der RKI-Chef am Freitag in Berlin. Die Zunahme werde hauptsächlich durch Urlaubsrückkehrer verursacht. Der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Klaus Theo Schröder, teilte mit, dass Deutschland 50 Millionen Impfdosen gegen die Infektionskrankheit bestellt hat. Angesichts der Ansteckungsgefahr könnte es nach Einschätzung des SPD-Politikers Gerold Reichenbach bald zur Absage von Großveranstaltungen kommen. Experten widersprachen dem. Mehr Fälle, mehr KomplikationenHacker sagte mit Blick auf den sprunghaften Anstieg: „Wir sehen das schon mit einer gewisser Sorge, ohne jetzt in Panik zu verfallen.“ Bei einer größeren Verbreitung müsse aber auch in Deutschland mit schweren Verläufen der Krankheit gerechnet werden. Bislang seien fast alle Fälle milde verlaufen. Den Angaben zufolge gab es in Deutschland bislang nur drei Erkrankungen mit einem schweren Verlauf. Derzeit seien 75 bis 80 Prozent der Fälle „importiert“. Viele hätten sich im Ausland mit dem Erreger infiziert, vor allem in Spanien. Er hoffe, dass Urlauber jetzt sensibilisiert seien und mehr auf die „unbedingt notwendige Hygiene“ achteten. Schröder geht davon, dass der Impfstoff gegen die neue Grippe Ende September oder Anfang Oktober vorliegen wird. „Dann kann das Impfen sofort beginnen“, sagte er.Nach Angaben des Thüringer Gesundheitsministeriums hat die WHO als Vorsorgemaßnahme dazu geraten, zunächst besondere Personengruppen, wie Menschen mit chronischen Krankheiten oder Beschäftigte im Gesundheitswesen zu impfen. Diese Personengruppen umfassten rund 30 Prozent der Bevölkerung in Deutschland. Gegenwärtig befinde sich der Entwurf einer Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums zwischen Bund und Ländern in der Abstimmung, in der die Leistungspflicht der Krankenkassen sowie weitere Einzelheiten geregelt würden.
Weitere Impfdosen möglichDem Ministerium zufolge besteht die Option zum Kauf weiterer Dosen, um gegebenenfalls die gesamte Bevölkerung impfen zu können. Die 50 Millionen Dosen kosteten rund 700 Millionen Euro. Für eine bundesweite Impfung müssten laut Ministerium insgesamt zwei Milliarden Euro aufgewendet werden. Bislang ist der Impfstoff allerdings noch gar nicht auf dem Markt. Labors arbeiten mit Hochdruck daran. Bis er erhältlich ist, kann sich allerdings noch in den Herbst hinziehen.Der Katastrophenschutzexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Reichenbach, forderte unterdessen, „wenn das Virus noch gefährlicher wird und die Ansteckungsrate nach oben geht, müssen Großveranstaltungen wie Fußballspiele abgesagt werden“. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) widersprach: „Das zeichnet sich derzeit nicht ab.“ Ob diese Einschätzung auch noch im Oktober gelte, könne heute niemand voraussehen. Auch RKI-Chef Hacker sieht keinen Grund, wegen der Schweinegrippe in nächster Zeit Großveranstaltungen abzusagen.