Freitag, 24. Juli 2009

Kino-Zuschauer mit Nachtsichtgeräten ausspioniert

Wer den neuen Harry-Potter-Film genießen will, muss offenbar damit rechnen, überwacht zu werden. Sicherheitsleute kontrollierten im Auftrag des Verleihers Zuschauer in zehn deutschen Kinos mit Nachtsichtgeräten. Das soll Filmpiraten abschrecken. Datenschützer ermitteln, ob diese Praxis legal ist.

Anonymes Dunkel im Kino war einmal: Im Kampf gegen Filmpiraten greifen Verleiher von Blockbustern zu immer drastischeren Maßnahmen. So auch beim Kinostart des neuen "Harry Potter"-Films im "Cinestar"-Kino in Magdeburg. Einer Besucherin waren Sicherheitsleute mit technischem Gerät aufgefallen, die sich während der Vorstellung links und rechts der Leinwand postiert hatten. Auf Nachfrage bei der Kinoleitung erfuhr sie dann, dass das Publikum mit Nachtsichtgeräten überwacht worden sei.
function searchAndExecuteJS Ich habe nichts zu verbergen
Wohl ein notwendiges Übel im Kampf gegen Filmpiraten
Ein Eingriff in meine Privatsphäre! Da verzichte ich lieber Für die Aktion verantwortlich war Verleiher Warner Bros. Damit wollte man verhindern, dass der Film mit Camcordern heimlich aufgezeichnet wurde. Wie die "Magdeburger Volksstimme" berichtet, waren Mitarbeiter des Verleihers fünf Tage lang in jeder Vorstellung anwesend. "Wenn wir das nicht zugelassen hätten, würden wir von Warner keinen Film mehr bekommen", zitiert das Blatt die Kinoleiterin. Bereits 2004 hatte Warner für Aufsehen gesorgt, als zum Start von "Harry Potter und der Gefangene von Azkaban" in Großbritannien kostenlose Nachtsichtgeräte an Kinobetreiber verteilt wurden.
"Cinestar"-Geschäftsführer Oliver Fock verteidigte auf Anfrage von WELT ONLINE die Maßnahme: "Das ist uns eine Herzensangelegenheit im Kampf gegen Piraterie". Warner habe die Aktion in mehreren ausgewählten Kinos, darunter vier "Cinestar"-Fillialen, gestartet, in denen es besonders häufig zum heimlichen Mitschneiden käme. Der Erfolg sei sichtbar: "Bis jetzt kursiert im Netz noch nicht eine abgefilmte Potter-Kopie". Die Besucher seien durch große Plakate und eine Audio-Botschaft auf die Nachtsichtgeräte aufmerksam gemacht worden. Mit den Geräten ließen sich ohnehin keine persönlichen Details erkennen; Daten würden auch nicht gespeichert. Auch die Datenschutzbeauftragten hätten grünes Licht gegeben. Trotzdem ermittelt das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt wegen Verstößen gegen das Bundesdatenschutzgesetz gegen den Verleiher. "Wir nehmen diesen Fall sehr ernst", sagte Vizepräsident Peter Kuras WELT ONLINE. Gerade was den Umgang mit Daten Jugendlicher, die einen Großteil des "Harry Potter"-Publikums ausmachen, angehe, gebe es besorgniserregende Entwicklungen. Nun prüft die Behörde, ob die Zuschauer über die Beobachtung genügend aufgeklärt waren und ob Daten gespeichert wurden. "Wenn wir einen Verstoß feststellen, droht dem Verleiher eine Geldbuße, die sich nach der Schwere des Falls richtet", sagte Kuras. Bei der Multiplex-Kette Cinemaxx kamen dagegen nach Angaben des Unternehmes noch keine Nachtsichtgeräte zum Einsatz. "Natürlich besteht immer ein großer Druck von seiten der Verleiher, denn das Mitschneiden von Filmen fügt der Branche ja erheblichen Schaden zu", sagte Unternehmenssprecher Arne Schmidt WELT ONLINE. Bisher halte man jedoch die Sichtkontrollen durch Kinomitarbeiter für ausreichend.